25/03/2013

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Funktioniert die Birkenbihl-Methode an der Schule? Erfahrungen einer Lehrerin

Von Katharina

25/03/2013


Ein bunter Strauß Wissen – das möchte Elisabeth Leitner, Englischlehrerin an der NMS/HS-Preding in Österreich, mit ihren SchülerInnen erzielen. Deshalb hat sie sich vorgenommen, ihren „Schützlingen“ die Birkenbihl-Methode zum Fremdsprachenlernen näherzubringen.

Elisabeth Leitner hat sich seit einiger Zeit mit der Birkenbihl-Methode zum Sprachenlernen beschäftigt. Im Unterricht hatte sie bereits Teile der Lern-Methode mit dem herkömmlichen Unterrichtsmaterial verbunden und konnte dadurch feststellen, dass diese neue Methode eine Erleichterung für SchülerInnen als auch LehrerInnen sein kann. Auch den neuen SchülerInnen der ersten Klasse möchte die Lehrerin diese Verbesserung nicht vorenthalten. Für den Einstieg in die neue Lernmethode eignete sich die Projektwoche bestens.

Lasst den Workshop beginnen!

Pro Semester ist für alle ersten Klassen in den Neuen Mittelschulen Österreichs eine Projektwoche vorgesehen. Als Thema wählte die Schule diesmal „TIERisch gut lernen“. Das Hauptthema war „Tiere“, das mit dem Unterthema „Neue Lehr- und Lernmethoden“ kombiniert wurde. Der eigentliche Stundenplan wurde durch geblockte Workshops für verschiedene Lernfächer ausgetauscht.

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„Wie habt ihr denn Deutsch gelernt?“

So eröffnete Elisabeth Leitner am Freitagvormittag den Englisch-Workshop. „Ich kann mich gar nicht mehr erinnern“, „Wir haben plötzlich angefangen zu sprechen“, „Von Mama und Papa, die haben uns immer alles vorgesagt“ – mit diesen Antworten war auch den SchülerInnen plötzlich bewusst, dass der Sprachunterricht in der Schule eigentlich anders ablaufen sollte.

„Ihr dürft jetzt wieder Kinder sein!“

Den Workshop startete die Lehrerin mit dem AKTIV HÖREN. Mit einer Reise in die Vergangenheit tauchten die Kinder in die englische Sprache ein. „Ihr seid kleine Kinder, könnt noch nicht sprechen, und hört zu, was in eurer Umgebung passiert“, erklärte Elisabeth Leitner. So haben die Kinder den Sinn der Lernmethode sofort verstanden.

Zum Thema passend wurde das Gedicht „The furios octopus“ erarbeitet. Die Lehrerin de-kodierte das englische Gedicht nach Birkenbihl (siehe Artikel: So dekodierst du einen Text selbst). Da die Geschwindigkeit der CD-Aufnahme für die SchülerInnen zu schnell gewesen wäre, hat Elisabeth Leitner das Gedicht zuerst selbst laut und langsam vorgelesen. Gleichzeitig haben die Kinder die Wort-für-Wort-Übersetzung (De-kodierung) mitgelesen. Nach einigen Minuten wechselte sie auf die CD. Auch wenn die Lehrerin seit Jahren Englisch unterrichtet, ist die Aussprache der Native Speaker (Muttersprachler) natürlich noch um einiges besser. Für die SchülerInnen ist es enorm wichtig, von Anfang an die richtige Aussprache zu hören, damit sie sich beim Sprechen keine falsche Aussprache oder einen sonderbaren Akzent aneignen. Das Gedicht wurde aktiv gehört.

So wird der Lehrer/die Lehrerin zum Moderator – die eigentliche „Arbeit“ machen die Kinder. Das De-Kodieren und AKTIV HÖREN ersetzt das alte Vokabelpauken. Das ist für die SchülerInnen viel interessanter. Außerdem wird der Lernprozess in der Gruppe beschleunigt – Kinder lernen voneinander.
Ein Nativ Speaker wird erst für das PASSIV HÖREN gebraucht, wenn die Kinder die Texte (in dem Fall das Gedicht) inhaltlich schon verstehen. Die Texte werden dann immer und immer wieder im Hintergrund gehört, bis der Text laut und perfekt gelesen werden kann.

Jetzt durften die Kinder, zum Gedicht passend, einen Oktopus malen und sich auch miteinander unterhalten. Im Hintergrund wurde das Gedicht immer wieder von der CD abgespielt. Das ist das PASSIV HÖREN nach Birkenbihl und ein wichtiger Schritt, der die Lernenden auf das Sprechen vorbereiten. Dieser Schritt soll SchülerInnen auch im Alltag zu Hause begleiten. Nur wenn sie die Texte tagelang passiv hören, hat die Methode gewirkt!

Damit auch das Schreibenlernen nicht vernachlässigt wird, hat Elisabeth Leitner das Gedicht als Lückentext vorbereitet. Manchmal war eine kleine Hilfestellung von der Lehrerin oder vom Nachbarn notwendig, aber im Großen und Ganzen machten sich die SchülerInnen erstaunlich gut. In den letzten paar Minuten des Workshops durften sich die Kinder mit einem Partner, wo immer sie mochten, zusammensetzen und gemeinsam das Gedicht lernen. „Ring, ring!“ – leider war der Workshop nun bereits zu Ende.

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War der Workshop ein Erfolg?

Zwei Wochen nach dem Workshop und erst einige Tage nach den verdienten Semesterferien, kam die Klasse wieder zusammen. Elisabeth Leitner war neugierig, ob der Englisch-Workshop nach der Birkenbihl-Methode wirklich gefruchtet hat. Vom Ergebnis ist sie erstaunt!

Gleich zu Beginn der ersten Stunde nach dem Workshop schreibt die Lehrerin ein paar Buchstaben an die Tafel. Vorerst nachdenkliche Gesichter in den Reihen. Elisabeth Leitner fragte: „Kann sich jemand an das Gedicht vom Workshop erinnern? Diese Buchstaben werden euch dabei helfen, denn das sind die Anfangsbuchstaben der Wörter im Gedicht.”. Nach Elisabeth Loftus, einer US-amerikanischen Psychologin, „hängen“ wir Wörter in unserem Gehirn mit dem Anfangsbuchstaben auf. Deshalb fällt uns die Erinnerung an ein Wort leichter, wenn wir den dazugehörigen Anfangsbuchstaben sehen (mehr dazu und zur ABC-Listentechnik in den Online-Seminaren mit Emil Brunner). Die Lehrerin, aber auch ihre SchülerInnen, waren sichtlich erstaunt darüber, wie viel sie noch wussten. Einige Kinder konnten das Gedicht sogar ganz aufsagen – und das mit fast perfekter Aussprache!

Ist die Schule bereit für gehirn-gerechte Lernmethoden?

Das derzeitige Schulkonzept ist leider noch nicht der perfekte Rahmen für neue, gehirn-gerechte Lern- und Lehrmethoden: „Es ist sehr schade, dass wir in der Schule einfach zu wenig Zeit haben, vor allem für das PASSIV HÖREN. Kinder und Eltern davon zu überzeugen, die Texte auch zu Hause zu hören, könnte sich schwierig gestalten.“ Vor allem Eltern und LehrerInnen sind oft zu sehr an die herkömmlichen Methoden gewöhnt und außerdem „sind es viele LehrerInnen, darunter zugegebenermaßen auch noch ich, einfach nicht gewohnt, dass im Hintergrund der CD-Player läuft, während man anderes macht. SchülerInnen haben damit jedoch keine Probleme“, so Elisabeth Leitner, „das Aufbereiten, also das De-Kodieren der Texte ist der größte Zeitaufwand für uns LehrerInnen“.

Dennoch möchte sie weiterhin die Birkenbihl-Methode in den Unterricht einbinden, denn am Ende macht es sich bezahlt:„Die Kinder sprechen die Wörter einfach so richtig aus, ohne danach gefragt zu haben“.

Elisabeth Leitner konnte mit den Erfolgen des Projekts auch einige ihrer KollegInnen überzeugen. Dem Ziel, einen „bunten Strauß Wissen“ durch gehirn-gerechtes Lernen zu vermitteln, konnte die NMS/HS-Preding somit einen großen und wichtigen Schritt näher kommen.

Der Weg zum gehirn-gerechten Lernen in Schulen ist zwar noch ein weiter, jedoch muss irgendwo begonnen werden. Elisabeth Leitner hat in ihrer Schule den ersten Schritt gewagt, mit Erfolg und großem Zuspruch. Die Birkenbihl-Methode kann auch in Schulen funktionieren!

In einer Regelschule in St. Gallen in der Schweiz ist die Birkenbihl-Methode schon seit 5 Jahren in den Unterricht integriert und ist ein Erfolg für SchülerInnen und LehrerInnen! Einblicke in Erfahrungen der Schweizer Lehrerin Karin Holenstein finden Sie in diesem Video:

http://www.youtube.com/watch?v=rrVNKRkahlc&list=UUYIYjd1q_y-vXUBp7c443Hw&index=50

Plattform für gehirn-gerechtes Lehren und Lernen:

http://www.protalk.ch

Photo by Thought Catalog on Unsplash

Katharina

Über die Autorin / den Autor

Content Managerin und Bloggerin Katharina Rucker beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der Birkenbihl-Methode sowie den Kreativtechniken und Denktools von Vera F. Birkenbihl.

Seit 2014 arbeitet sie als selbstständige Online & Performance Marketerin: www.rucker-marketing.at

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