Der Begriff „gehirn-gerechtes Lernen“ geht auf die bekannte Managementtrainerin und Bestsellerautorin Vera F. Birkenbihl zurück. Hinter diesem Konzept stehen Lern- und Lehrmethoden, die sich ganz an der natürlichen Funktionsweise unseres Gehirns orientieren. Sie zielen darauf ab, das Gehirn so einzusetzen, wie es am besten arbeitet – mit dem Ziel, uns voranzubringen und dabei Freude zu bereiten. Wenn Lernen im Einklang mit unserer inneren Denkweise steht, kann es nicht nur effektiver sein, sondern auch echte Begeisterung auslösen.
Schülerinnen und Schüler lernen in der Schule zwar vieles, doch wie oft gelingt es ihnen wirklich, dieses Wissen sinnvoll anzuwenden oder es vernetzt wiederzugeben? Zu häufig bleibt das Lernen eine trockene Pflicht und der Spaß daran bleibt auf der Strecke. Das Resultat? Das meiste wird schnell vergessen. „Schon zwei Jahre nach dem Abitur oder der Matura erinnern sich junge Menschen nur noch an rund zehn Prozent dessen, was sie gelernt haben“, erklärt der renommierte Schulforscher Gerald Hüther[1].
Doch Lernen kann auch anders sein – erfolgreich und voller Freude. Wie? Indem wir Kindern und Erwachsenen ermöglichen, so zu lernen, wie es ihr Gehirn am liebsten hat: durch Entdecken, Verstehen und das Erlebnis, neue Dinge wirklich zu begreifen. Wenn Lernen zu einer spannenden Entdeckungsreise wird, die das Gehirn kitzelt und Begeisterung weckt, bleibt es nicht nur im Gedächtnis, sondern macht Lust auf mehr.
Was liebt Ihr Gehirn wirklich?
Ihr Gehirn lernt am liebsten, wenn Sie voller Freude und Neugier dabei sind. Diese Begeisterung entsteht, wenn Sie sich selbst für das Lernen belohnen – indem Sie den Stoff nicht nur verstehen, sondern ihn auch anwenden können. Lernen, das Sinn ergibt, setzt eine Kettenreaktion in Gang: Je mehr Sie verstehen und anwenden, desto größer wird Ihre Motivation, noch mehr zu lernen. Langfristige Lernziele und das Streben nach neuen Fähigkeiten sind wie ein innerer Antriebsmotor – sie entfachen eine Lust, die Sie immer weiter antreibt. Ihr Gehirn will mehr als nur oberflächliches Wissen, es möchte in seiner vollen Kraft genutzt werden. Lassen Sie es zu einer spannenden Entdeckungsreise werden!
Doch wie finden Sie diesen Einstieg, wenn das Lernmaterial nicht sofort begeistert – wie etwa beim Erlernen einer neuen Fremdsprache?
Starten Sie spielerisch und entdecken Sie kleine Erfolgserlebnisse, die Sie motivieren. Beginnen Sie mit kurzen, unterhaltsamen Übungen, die Ihre Neugier wecken – wie einfache Dialoge, lustige Videos oder Lieder in der Fremdsprache. Erschaffen Sie Verbindungen zu Dingen, die Sie mögen, und wenden Sie das Gelernte sofort an, indem Sie es in kleinen Gesprächen oder Gedanken experimentell einsetzen. Sobald Sie merken, dass Sie tatsächlich etwas verstehen und benutzen können, wird die Neugier geweckt und der „Flow“ setzt ein. Ihr Gehirn liebt es, wenn es Fortschritte sieht und Teil eines kreativen Prozesses ist.
Woran erkennen Sie, dass ein Stoff nicht gehirn-gerecht ist – und was können Sie dagegen tun?
Ein Stoff ist nicht gehirn-gerecht, wenn er Sie langweilt, überfordert oder Sie das Gefühl haben, dass Sie ihn nur mechanisch auswendig lernen müssen, ohne den Zusammenhang zu verstehen. Wenn Sie schnell die Motivation verlieren, müde oder unkonzentriert werden, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass das Lernmaterial nicht optimal gestaltet ist.
Was können Sie dagegen tun?
Passen Sie den Lernprozess an: Bringen Sie Abwechslung ins Spiel, indem Sie verschiedene Lernmethoden ausprobieren – wie Visualisierungen, Mindmaps oder Geschichten, die den Lernstoff in einen Kontext setzen. Nutzen Sie praktische Anwendungen oder Simulationen, um das Gelernte greifbar zu machen. Machen Sie Pausen und teilen Sie den Stoff in kleinere, leicht verdauliche Abschnitte. Finden Sie persönliche Verbindungen zum Lernmaterial, damit es für Ihr Gehirn relevanter und damit interessanter wird. So kann selbst der trockenste Stoff an Attraktivität gewinnen und Ihren Lernprozess gehirn-gerecht gestalten.
Lernen ist ein individueller Prozess – entfachen Sie Ihr eigenes Feuer!
Menschen sind keine Fässer, die einfach nur gefüllt werden müssen; sie sind Feuer, die mit Begeisterung und Neugier entfacht werden wollen! Und genau hier liegt das Geheimnis erfolgreichen Lernens: Es muss individuell gestaltet sein. Wissenschaftler wie Dr. Friedrich von der Universität Tübingen[2] haben in zahlreichen Studien gezeigt, dass persönliches, angepasstes Lernen deutlich wirksamer ist. Doch im Schulalltag bleibt diese Erkenntnis oft auf der Strecke, und der Spaß am Lernen geht verloren.
Warum ist das so? Weil kein Gehirn gleich funktioniert – was für die eine Person spannend ist, kann für die andere monoton und langweilig sein. Die gute Nachricht: Sie können Ihren Lernprozess selbst steuern und aufregender gestalten! Wenn Sie sich fragen, wie das geht, hier eine Lösung: Machen Sie das Lernen zu einem ganz persönlichen Erlebnis mit diesen 6 Brain-Friendly-Tipps:
Machen Sie Ihr Lernen individuell – 6 Tipps, die Ihr Feuer entfachen:
1. Finden Sie heraus, wann für Sie die beste Zeit zum Lernen ist!
Manche Menschen sind am frühen Morgen am produktivsten, wenn das Gehirn frisch und aufnahmebereit ist. Andere blühen abends auf, wenn die Ruhe einkehrt. Testen Sie verschiedene Lernzeiten: morgens nach dem Frühstück, am Nachmittag oder abends vor dem Schlafengehen. Achten Sie darauf, wie konzentriert und motiviert Sie sich zu verschiedenen Zeiten fühlen. Ein Lerntagebuch kann helfen, Muster zu erkennen und Ihre optimale Lernzeit herauszufinden.
2. Wählen Sie die richtige Umgebung:
Lernen Sie an einem Ort, der Ihnen Energie gibt – sei es ein gemütlicher Platz zu Hause oder ein inspirierendes Café.
3. Nutzen Sie Musik:
Finden Sie Musik, die Sie motiviert und entspannt. Instrumentalmusik oder Ihre Lieblings-Playlist können helfen, die Stimmung anzuheben und Ihre Konzentration zu fördern.
4. Setzen Sie auf Abwechslung und 10-Minuten-Einheiten:
Lernen Sie in kurzen 10-Minuten-Abschnitten. Warum? Weil das Gehirn nach einer 10-minütigen Lernphase im Hintergrund noch etwa 7 Minuten weiterarbeitet – fast wie ein „Nachglühen“, das die Lernzeit verdoppelt. Nutzen Sie diese Zeit, indem Sie entweder eine Pause einlegen oder mit einer anderen Lerntechnik weitermachen, wie einem Audio, Video oder einer Zusammenfassung. Diese Abwechslung verhindert Monotonie und sorgt dafür, dass Ihr Gehirn aufnahmebereit bleibt.
5. Belohnen Sie sich selbst:
Ihr Gehirn belohnt Sie von Natur aus mit einem kleinen Dopamin-Schub, wenn Sie Lernziele erreichen. Verstärken Sie diesen Effekt mit einer realen, persönlichen Belohnung – sei es eine Tasse Ihres Lieblingsgetränks, ein kurzer Spaziergang oder eine kurze Tanzpause. Besonders motivierend ist es, wenn Sie sich ein kleines Teilziel setzen, wie zum Beispiel das Erlernen der ersten Seite einer Geschichte. Diese kleinen Erfolgserlebnisse halten die Motivation hoch und machen Lust auf mehr.
6. Lern- und Merkgeschwindigkeit: So bringen Sie Ihr Gedächtnis auf Trab!
Wiederholen ist der Schlüssel zum Erfolg, aber wie oft sollte man es tun? Hier spielen individuelle Unterschiede in der Lern- und Merkgeschwindigkeit eine Rolle:
- Neuronal-Schnell: Diese Lerntypen nehmen Informationen zügig auf und benötigen weniger Wiederholungen. Eine 10-Minuten-Einheit, die dreimal an einem Tag wiederholt wird, kann bei ihnen ausreichen, um den Stoff zu verankern. Sie speichern schnell, neigen jedoch auch dazu, das Gelernte schneller zu vergessen, wenn es nicht regelmäßig aufgefrischt wird.
- Neuronal-Langsam: Diese Lerntypen benötigen mehr Wiederholungen – oft bis zu 15 Wiederholungen –, um den Stoff sicher zu speichern. Dabei ist es egal, ob diese Wiederholungen an einem oder mehreren Tagen stattfinden. Wichtig ist nur die Frequenz der Wiederholung. Der langsame Lerner profitiert langfristig davon, da er das Gelernte stabiler im Gedächtnis hält und weniger schnell vergisst.
Wiederholung und die Methode der Spaced Repetition sind für alle Lerntypen entscheidend. Die Technik sorgt dafür, dass der Lernstoff in Intervallen wiederholt wird, was die langfristige Speicherung im Gehirn unterstützt. Egal, ob Sie neuronal schnell oder langsam sind – das Geheimnis liegt in der Wiederholung und der Anpassung des Lernprozesses an Ihren individuellen Bedarf.
Kennen Sie schon die gehirn-gerechte Sprachlernmethode von Vera F. Birkenbihl? Brain-Friendly hat sie als Film-Sprachkurs umgesetzt. Seit Jahren gelten die Sprachkurse als beste und einfachste Methode, um eine Fremdsprache zu lernen.
[1] Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie. Er leitet die Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der Universitäten Göttingen und Mannheim-Heidelberg.
[2] Dr. Helmut Felix Friedrich, Deutsches Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen. „Selbstgesteuertes Lernen – sechs Fragen, sechs Antworten“
Erstmals am 06.02.2018 von Katharina Rucker erschienen.
Überarbeitet am 08.11.2024 von Laura Bacher