Eine Prüfung bedeutet Stress. Auf Knopfdruck muss man die beste Leistung vollbringen. Doch diese Angst vor Prüfungen hindert Sie und Ihre Kinder daran, die volle Leistung zu erbringen. Sie wirkt sich auf Ihre Psyche aus und kann Sie sogar körperlich belasten. Viele körperliche Beschwerden haben nämlich einen psychischen Ursprung. Eine gewisse Anspannung verspüren die meisten von uns vor jeder Prüfung – und im gesunden Maß ist das förderlich, doch einer (angehenden) Phobie sollte dringend entgegengewirkt werden.
Prüfungsangst – ein unsichtbarer Feind, der SchülerInnen und StudentInnen in die Knie zwingt. Die lähmende Panik führt oft dazu, dass Betroffene Prüfungen meiden und damit ihre berufliche Zukunft gefährden. Doch keine Sorge! In diesem Artikel enthüllen wir Ihnen die besten Strategien, um Prüfungsangst zu besiegen und selbstbewusst jede Prüfung zu meistern.
Wie entsteht Prüfungsangst?
Angst vor Prüfungen trifft besonders diejenigen, die sich schlecht vorbereitet haben, aber auch gut vorbereitete Personen, die sich selbst oder von außen unter Druck setzen. Wenn die Angst überhand nimmt, kann es zu einem totalen Blackout kommen. Symptome reichen von absoluter Panik über kalten Schweiß und Übelkeit bis hin zu Herzrasen und Darmproblemen.
Sind Ihre Kinder betroffen?
Prüfungsangst kann sich bereits bei Kindern ab dem achten Lebensjahr entwickeln. Die Ursache sind meist schlechte vorangegangene Leistungen, die das Selbstwertgefühl belasten. Aber auch ein hoher Druck – auch seitens der Eltern – kann Ihr Kind negativ beeinflussen und ausschlaggebend für eine lebenslang andauernde Prüfungsphobie sein.
Wenn Sie bzw. Ihre Kinder schon beim Gedanken an die Klausur nächste Woche Magenschmerzen und Schweißausbrüche bekommen, leiden Sie wahrscheinlich unter Prüfungsangst. Wir sagen Ihnen, welche 7 Maßnahmen dagegen am besten helfen.
1. Selbstbewusstsein stärken
Zu wenig Selbstbewusstsein ist das Hauptproblem von Prüfungsangst. Seien Sie mit dem, was Sie tun, zufrieden. Haben Sie sich gut vorbereitet, können Sie selbstbewusst und stark in die Prüfung gehen.
Hier ein konkreter Tipp zur Stärkung Ihres Selbstbewusstseins: Erinnern Sie sich an Prüfungssituationen, in denen Sie erfolgreich waren. Sie haben bereits viele Tests und Schularbeiten gemeistert – auch diese Herausforderung werden Sie bewältigen. Visualisieren Sie, wie Sie die bevorstehende Prüfung mit Bravour bestehen. Lassen Sie den inneren Kritiker verstummen und lassen Sie den stolzen Teil in Ihnen siegen:
„Ich schaffe das! Ich habe viel gelernt und bin gut vorbereitet.“
„In der Abschlussprüfung gebe ich mein Bestes. Das reicht.“
Auch die Power-Pose reduziert Stress und Anspannung kurz vor der Prüfung: Strecken Sie beide Arme in die Luft, sodass diese ein V bilden. Diese Pose kennen wir von SportlerInnen. Die Psychologin Amy Cuddy von der Harvard Business School hat herausgefunden, dass sich durch die Körpersprache der Hormonhaushalt verändert[1]:
→ Power-Pose: Studierende, die zwei Minuten lang eine Siegerpose einnehmen, weisen anschließend ein um durchschnittlich 20 % höheres Testosteron-Level auf. Gleichzeitig sinkt das Cortisol-Level der Testpersonen um 25 %. Erfolgreiche Menschen verfügen über viel Testosteron und ein niedriges Cortisol-Level.
Loser-Pose: Bei Studierenden, die eine Verlierer-Pose (geduckte Haltung, hängende Schultern) einnehmen, reduziert sich das Testosteron um 10 %. Der Cortisol-Level klettert um 15 % nach oben.
2. Entspannen Sie sich
Haben Sie ein Blackout? Verfallen Sie in Panik? Jetzt müssen Sie sich wieder in einen entspannten Zustand begeben, um wieder auf Ihr Wissen zurückgreifen zu können. Zugegeben, das ist leichter gesagt als getan.
Hier vier Kniffe, wie Sie Ihr Unterbewusstsein austricksen können:
- Nehmen Sie sich Zeit, um 10 Mal tief ein- und auszuatmen. Schließen Sie die Augen, denken Sie an Ihren letzten Glücksmoment. Jetzt atmen Sie ein und zählen dabei bis 5. Atmen Sie in fünf Zählern auch wieder tief aus. Wiederholen Sie das 10 Mal.
- Wenn die Angst aufsteigt, hilft es zu denken: Stopp! Klingt banal, funktioniert aber.
- Eine wunderbare Entspannungsmethode ist die progressive Muskelrelaxation. Hier werden einzelne Muskeln gezielt angespannt und dann wieder entspannt. Also einfach z. B. die Hände mehrmals zur Faust ballen und dann wieder loslassen. Ebenfalls sehr wirkungsvoll: Ganz bewusst mit den Zehen wackeln.
- Ein weiterer Trick sind Selbstgespräche. Coachen Sie sich selbst – auch wenn Sie sich zuerst komisch dabei fühlen. In Momenten extremer Prüfungsangst stehen Sie unter Hochspannung. Sprechen Sie laut mit sich selbst, um extreme Prüfungsangst zu durchbrechen. Dadurch aktivieren Sie Ihre Großhirnrinde, gewinnen die Kontrolle zurück und werden ruhiger.
3. Positiv denken
Steuern Sie bereits bei den Vorbereitungen Ihre Gedanken. Ziehen Sie einen mentalen Schlussstrich unter das bisher Erlebte. Jetzt beginnt eine neue Ära. Ab sofort machen Sie alles richtig, sind gut vorbereitet, gehen entspannt in die nächste Prüfung und liefern ab, wenn es drauf ankommt. Außerdem: Was haben Sie zu verlieren? Wie wichtig ist diese eine Prüfung im Vergleich zu Ihrem gesamten Leben und anderen Dingen des Lebens? Relativieren Sie die Situation.
Haben Sie schon einmal von der „Selbsterfüllenden Prophezeiung“ gehört? Es ist ein psychologisches Phänomen, das besagt, dass unsere Denkweise unser Handeln beeinflusst. Reden Sie sich selbst ein, die Prüfung nicht zu schaffen, wird das eventuell eintreten. Sie geben innerlich auf – schon vor der eigentlichen Prüfung. Wenn Sie hingegen davon überzeugt sind, dass Sie es schaffen und zur Genüge vorbereitet sind, unterstützt dieser Gedanke den positiven Ausgang. Eine positive Einstellung ist demnach sehr wichtig.
Vermeiden Sie den Kontakt zu Menschen, die Ihre Prüfungsangst verstärken. Energieräuber und MitschülerInnen, die selbst unter Prüfungsangst leiden, können Ihre eigene Nervosität steigern, indem sie von strengen Prüfern oder schwierigem Stoff berichten. Kurz vor der Prüfung ist es wichtiger denn je, sich auf Ihr eigenes Wohl zu konzentrieren. Ein wenig Egoismus ist hier absolut gerechtfertigt.
4. Prüfungen simulieren
Laden Sie Freunde zu einem Rollenspiel ein, um Prüfungen nachzuspielen. Das ist eine Win-win-Situation für alle: Sie wiederholen den Lernstoff, überprüfen Ihr Wissen und bereiten sich auf die Prüfungssituation vor. Sie üben das Sprechen vor anderen Menschen und lernen, Ihr Wissen (mit eigenen Worten) wiederzugeben. Anstatt mit sich selbst im stillen Zimmerchen zu sprechen, ist der Austausch mit anderen also in mehrerer Hinsicht sinnvoll. Beginnen Sie mit einer Person und steigern Sie die Anzahl später – je mehr Teilnehmer, desto besser.→ Erfragen Sie den Ablauf der Prüfung
Es beruhigt, wenn Sie genau wissen, was auf Sie zukommt und was erwartet wird. Die Prüfungsfragen werden Sie kaum herausfinden, jedoch können Sie das Umfeld und die umgebenden Faktoren herausfinden und sich darauf einstimmen.
5. Richtig lernen
Richtig lernen will gelernt sein. Leider gibt uns das traditionelle Schulsystem nur eine Lernmethode vor, von der nur minimal abgewichen wird. So werden etwa im Fremdsprachenunterricht noch immer Vokabeln isoliert gepaukt und Grammatikregeln erklärt, obwohl die Wörter eines Satzes noch unklar sind. Und das, obwohl diese Art zu lernen viele hunderte Jahre alt ist. Das Schulsystem braucht eine Renovierung – das ist sicher. Solange können Sie aber nicht warten. Deshalb müssen Sie selbst eine gehirn-gerechte Art des Lernens für Sie zuhause schaffen.
Natürlich gibt es unterschiedliche Faktoren, die zu Ihrem Lernerfolg beitragen. Die Lernmethode ist ein entscheidender Faktor für den Lernerfolg. Vera F. Birkenbihl prägte den Begriff des „gehirn-gerechten Lernens“ – Methoden, die der natürlichen Arbeitsweise unseres Gehirns entsprechen. Unser Gehirn erledigt 90% seiner Aufgaben unbewusst. Daher sollte zu Beginn des Lernprozesses inzidentelles (automatisches, zufälliges) Lernen stattfinden, um grundlegende Nervenbahnen anzulegen. Erst danach ist intentionales (bewusstes) Lernen sinnvoll, z.B. um zusätzliche Grammatikregeln zu erklären. Details zum „gehirn-gerechten Lernen“ erfahren Sie hier.
Betrachten wir die klassische Methode des Sprachenlernens: Vokabeln pauken und Grammatikregeln auswendig lernen. Klingt das nach einer fesselnden Erfahrung? Regt es die Neugier an oder fördert es echte Sprachkompetenz? Die Birkenbihl-Methode bietet hier einen revolutionären Ansatz: Statt isolierte Wörter und Regeln zu memorieren, setzt sie auf gehirn-gerechtes Lernen, das unsere natürlichen Spracherwerbsmechanismen nutzt. Durch Techniken wie Dekodieren und aktives Hören tauchen Lernende von Anfang an in die Fremdsprache ein und entwickeln intuitiv ein Gefühl für deren Struktur und Nuancen – ähnlich wie wir als Kinder unsere Muttersprache erlernen. Hier klicken und mehr zur Birkenbihl-Methode erfahren.
→ 10-Minuten-Technik
Nutzen Sie die „Konstruktion“ Ihres Gehirns! Dieses lernt nach jeder Aufnahmephase (auch bei anderen Inhalten) etwa 7 Minuten weiter, obwohl Sie sich schon auf ganz andere Dinge konzentrieren. Daher ist es sinnvoll, das Lernen in Lerneinheiten von jeweils 10 Minuten einzuteilen. Damit beschleunigen Sie die Lerngeschwindigkeit und die Dauer, bis Sie Ihr gewünschtes Niveau erreicht haben, wird kürzer – vor allem im Vergleich zum herkömmlichen Vokabelpauken. Mehr zur 10-Minuten-Technik erfahren Sie hier.
→ Wichtiges zuerst
Finden Sie heraus, welche Inhalte in der Prüfung tatsächlich abgefragt werden. Darauf legen Sie bei der Prüfungsvorbereitung den Schwerpunkt. Lassen Sie Nebensächliches weg. Sprechen Sie mit Ihren LehrerInnen und TrainerInnen und mit MitschülerInnen. Vergleichen Sie – was sehen Sie als wichtig an, was andere?
6. Ruhe unmittelbar vor der Prüfung
Wer kennt das nicht? Sie sind am Weg zur Prüfung und lesen sich im Bus nochmal das schwierigste Kapitel durch. Plötzlich finden Sie etwas, das Sie noch nicht können. Panik steigt auf. Die meisten Empfehlungen lauten deshalb: Direkt vor der Prüfung nichts mehr lernen. Es ist unmöglich, sich so kurz vorher noch alles Fehlende zu merken, denn Lernen braucht Zeit und Schlaf, um den Stoff zu festigen.
Ganz stimme ich persönlich mit dieser Meinung jedoch nicht überein. Ich war immer eine gut vorbereitete Schülerin und habe mir am Morgen der Prüfung meist nochmal alles durchgelesen. Ich kannte schon alles, überflog den Stoff trotzdem noch ein letztes Mal. Das hat mich beruhigt und ließ mich mit einem guten Gefühl in den Test gehen. Doch sobald Sie ungenügend vorbereitet sind und sich kurz vor knapp noch Neues merken wollen, geht es schief und Sie beunruhigen sich mehr als nötig. Panik steigt auf. Die Prüfungsangst wird verstärkt.
7. Während der Prüfung: Zeit nehmen und strukturiert arbeiten
Naturgemäß gibt es Aufgaben, die einem besser liegen, andere erfordern etwas mehr Aufwand. Lösen Sie in schriftlichen Prüfungen die einfachsten Aufgaben zuerst. So geben Sie sich zu Beginn ein gutes Gefühl und halten sich nicht mit schwierigen und langwierigen Lösungsaufgaben auf. Bei mündlichen Prüfungen ist es wichtig, gut zuzuhören und sich für die Antwort Zeit zu lassen. Holen Sie erst einmal tief Luft und antworten Sie dann mit Ruhe.
Fazit: Prüfungsangst lässt sich lindern
Prüfungsangst entsteht im Kopf, aber Sie haben die Macht, sie zu überwinden. Mit den vorgestellten Strategien und Techniken verfügen Sie nun über wertvolle Werkzeuge, um Ihre Ängste zu bezwingen und selbstbewusst in jede Prüfungssituation zu gehen. Jeder Schritt, den Sie unternehmen, bringt Sie Ihrem Ziel näher. Glauben Sie an sich selbst – Sie können jede Prüfung meistern!
Erstmals am 26.09.2019 von Katharina Rucker erschienen
Überarbeitet am 30.08.2024 von Laura Bacher
[1] Carney/Cuddy/Yap: „Power Posing: Brief Nonverbal Displays Affect Neuroendocrine Levels and Risk Tolerance.“ (Psychological Science 21, No. 10 October 2010, S. 1363–1368).