04/09/2019

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Wie kann Sprachenlernen dazu beitragen, Vorurteile abzubauen?


Mit meiner Fremdsprachenfähigkeit habe ich schon mehr als 20 Länder bereist und lernte Leute aus aller Welt kernen. Ich habe auf Englisch studiert, verbrachte insgesamt zwei Jahre an ausländischen Universitäten oder in Trainee-Programmen. Ich lebte in Nord-Europa, in den USA und in China. Mit dem ersten Schritt – dem internationalen Bachelorstudiengang „Tourism and Leisure Management“ ­– begann meine Reise. Ich wurde mit jedem Tag offener, interessierte mich für andere Kulturen und Sprachen und schloss Freundschaften mit verschiedenen Kulturen. Das bringt mich zur heutigen Frage: Wie kann das Sprachenlernen dazu beitragen, Vorurteile abzubauen?

Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.

Ludwig Wittgenstein

Vorurteile hat jeder – auch ich

„Sie sind bürokratisch, kaltherzig und essen nur Wurst”, so denken die meisten Menschen in El Salvador über Deutsche. Ein Bild, das vor allem durch historische Filme geprägt ist.

Auch wenn man es nicht möchte – wir haben Vorurteile. Alle Menschen, selbst solche mit den besten Intentionen, haben sie. In unserer globalisierten Gesellschaft haben wir immer häufiger mit Menschen anderer Kulturen und Länder zu tun. Das Schubladendenken geht mit dieser Internationalisierung Hand in Hand. Natürlich gibt es in der einen oder anderen Kultur menschenverachtende Praktiken oder gar jene, die gegen Menschenrechte verstoßen. Diese müssen und sollen Sie keinesfalls akzeptieren, denn das hat nichts mit Offenheit zu tun. Doch es gibt sehr viele andere Verhaltensweisen, Traditionen und Dinge, die tief in den Kulturen verankert sind und die gerne auf Offenheit stoßen dürfen. Toleriert oder akzeptiert man diese nicht, spricht man von Vorurteilen jener Art, die man durch das Sprachenlernen abbauen kann. Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass Menschen mit guten Fremdsprachenkenntnissen tendenziell vorurteilsbefreiter und offener gegenüber Andersartigem sind. Das geschieht meist unbewusst.


Durch Kommunikation zum gegenseitigen Verständnis

Ich glaube, um Vorurteile abzubauen, ist es sehr wichtig, dass Menschen miteinander reden. Nur durch persönliche Kommunikation und Interaktion kann man ein Verständnis füreinander aufbauen. Dafür sind Fremdsprachenkenntnisse notwendig. Englisch kann beispielsweise eine gemeinsame Sprachebene sein. Ist man (durch Fremdsprachenkenntnisse) in der Lage, miteinander zu sprechen, kann man sich austauschen und diskutieren. Für uns Menschen hat die Kommunikation eine sehr große Bedeutung. Die Sprache hilft uns, Barrieren zu überwinden und Leuten besser zu verstehen. So kommt man sich näher und wächst vielleicht sogar zusammen.


Austauschprogramme für Studenten beweisen es

Vor über 30 Jahren startete das europäische Studentenaustauschprogramm Erasmus und zog seit seiner Geburt 1987 mehr als vier Millionen Interessierte aus der Europäischen Union an. Auch ich habe das Erasmus-Angebot angenommen und habe während meines Bachelorstudiums ein Semester in Porvoo, Finnland verbracht. Einige Jahre später, im Masterstudium, nahm ich an einem Trainee-Programm in Haikou, China teil und studierte ein Semester an der University of Florida in Gainesville, USA. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrungen und möchte sie nicht missen. Sie veränderten mich, ließen mich wachsen und so viel Neues und Spannendes entdecken. Ich schließ Freundschaften für’s Leben und vertiefte meine Sprachenkenntnisse innerhalb kürzester Zeit enorm. Meine Erfahrungen teilen auch andere Studierende:

93 Prozent der Austausch-Studenten können sich vorstellen, im Ausland zu leben. Ebenso viele geben an, dass sie durch ihren Aufenthalt gelernt hätten, den Wert unterschiedlicher Kulturen zu schätzen. So hat sich in den Monaten im Ausland auf natürliche Weise ein Netzwerk von Bekannten aufgebaut, das ihnen auch nach dem Studium noch zur Verfügung steht. Diese Kontakte erhöhen nicht nur die Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Lebensweisen, sondern können auch beruflich genutzt werden.

Erasmus ist mit großer Wahrscheinlichkeit das effizienteste Programm, um EU-Bürgern das gemeinsame Europa näherzubringen. Die Offenheit der Absolventen für das Zusammenleben unterschiedlicher Nationen spiegelt sich sogar in ihrem Privatleben wider. Rund ein Drittel der Erasmus-Studierenden hat einen Lebenspartner beziehungsweise eine Lebenspartnerin mit einer anderen Staatsangehörigkeit. Normalerweise sind es in dieser Altersgruppe lediglich 14 Prozent, die mit Partnern aus anderen Ländern zusammenleben“,

heißt es in einem Artikel von „Die Presse“

Zwischen den Zeilen lesen – Redewendungen, Wortverwendung etc.

Die Wörter, Ausdrücke und Eigenarten unserer Muttersprache definieren weitestgehend, wie wir die Welt sehen und verstehen. Ohne Zweifel würden zum Beispiel ein Finne und ein Araber die Welt jeweils anders beschreiben. Den kulturellen Unterschied erkennt man auch in den Sprachen. Während Arabisch wohl kaum Schnee auf unterschiedliche Arten beschreibt, gibt es im Finnischen 40 Wörter und Ausdrücke davon. Auch ein Amerikaner und ein Hawaiianer drücken sich unterschiedlich aus. So gibt es im Hawaiianischen über 200 Ausdrücke für „Regen“.

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Auch Redewendungen sind ein Ausdruck unserer Kultur. Hier ein Beispiel zweier Redewendungen, die sich im Deutschen und Englischen unterscheiden:  

Stellt euch vor, ein englischer Jugendlicher ist verliebt, will seinen Eltern aber (noch) nicht verraten, mit wem er verabredet ist. Dann macht er Ausflüchte, um nicht mit der Wahrheit herausrücken zu müssen – genauso wie sein deutscher Leidensgenosse. Im Englischen heißt ein solches Verhalten nicht etwa wie bei uns, nämlich “um den heißen Brei herum reden”, sondern “to beat about the bush”.

Diese Redewendung kommt aus der Vogeljagd und tauchte das erste Mal 1440 in geschriebener Form auf. Sie war früher tatsächlich wörtlich gemeint, denn einige Jäger schlugen in unübersichtlichem Gelände auf Büsche [bzw. um Büsche herum], um so die Vögel aufzuschrecken, die sich dort versteckt hielten. Dieses “auf den Busch schlagen” ging also dem eigentlichen Vogelfangen voraus, genauso wie der Verliebte erst herumdruckst, früher oder später aber doch mit der Wahrheit herausrückt. Spätestens, wenn seine Eltern “Lunte riechen”.

Quelle: https://www.geo.de/geolino/redewendungen/7176-rtkl-englische-redewendung-beat-about-bush


Kultur, Geschichte und ortsbedingte Gegebenheiten beeinflussen die Sprachen dieser Welt und spiegeln unsere landestypischen Eigenheiten wider. Ist es nicht spannend, diese Hintergründe kennenzulernen?

„Zwischen den Zeilen“ liest man am einfachsten durch das Sprachenlernen mit ganzen Sätzen und Texten. Wählen Sie Texte, die im Original in der gewünschten Fremdsprache erschienen sind. Nun übersetzen Sie den Text Wort für Wort in die Muttersprache (Vera F. Birkenbihl nannte diesen Vorgang De-Kodieren). Durch die schrittweise Entschlüsselung der Fremdsprache vergleichen Sie diese mit Ihrer eigenen Muttersprache. So lernen Sie intuitiv und lernen auch die „Seele“ der Fremdsprache kennen. Mehr zur Birkenbihl-Methode und dem De-Kodieren finden Sie hier: Die Birkenbihl-Methode.

Das Sprachenlernen hat übrigens auch einen positiven Einfluss auf das Gefühl für die eigene Muttersprache: Wer sich mit anderen Kulturen auseinandersetzt, wird die Feinheiten der eigenen Kultur zu schätzen lernen. Denn wer sich mit Gebräuchen, Tradition, Sprache, Körpersprache, Umgangsformen und Werten von anderen Kulturen beschäftigt, wird unweigerlich die eigene Kultur besser kennen und abgrenzen lernen.


Wer spracheninteressiert durch die Welt geht, wird Freundschaften mit Menschen aus aller Welt knüpfen. Diese Freundschaften lassen uns andere schätzen und respektieren. Unserer Ansicht nach spielt die Sprache eine bedeutende Rolle beim Überwinden bestimmter Vorurteile und Stereotype. Fremdsprachenkenntnisse bringen nicht nur den offensichtlichen Mehrwert, sich mit einem anderssprachigen Gegenüber unterhalten zu können. Wer eine Fremdsprache erlernt, wird darüber hinaus:

  • neue Blickwinkel öffnen
  • die fremde wie auch die eigene Kultur besser verstehen
  • das Gehirn trainieren
  • das Selbstvertrauen stärken
  • den beruflichen Aufstieg fördern
  • Spaß an der Sprache erleben und
  • den Aufenthalt im Ausland im wahrsten Sinne des Wortes “unterhaltsamer” verbringen

Katharina

Über die Autorin / den Autor

Content Managerin und Bloggerin Katharina Rucker beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der Birkenbihl-Methode sowie den Kreativtechniken und Denktools von Vera F. Birkenbihl.

Seit 2014 arbeitet sie als selbstständige Online & Performance Marketerin: www.rucker-marketing.at

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