29/10/2014

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Kann das Singen in einem Chor meine Sprachkenntnisse fördern?

Von Katharina Leitner

29/10/2014


Vom Laienchor bis zum Gesangsunterricht – es gibt zahlreiche Möglichkeiten zu singen. Besondere Effekte beschreiben allerdings Menschen, die in einer Gruppe singen. „Die Chorprobe jeden Montag ist für mich pure Entspannung und Balsam für die Seele“, sagt Dorothea K., die bereits 25 Jahre im Chor Wettmannstätten in der Südsteiermark singt. Eine Kollegin berichtet: „Ich komme mit meinem Mann hier her – es ist ein gemeinsames Hobby, das uns beiden sehr gut tut“. Auch wenn der Chor vor den Weinbergen Süd-Österreichs mit gehobenem Durchschnittsalter bestimmt nicht aus Profisängern besteht, hat das Bestehen des Chors einen wichtigen Sinn: Mitglieder singen gerne und der Chor tut ihnen gut.

Für viele Menschen spielt beim Singen im Chor die Gemeinschaft eine große Rolle. Zunächst einmal ist es so, dass gemeinsames Musizieren auch ein soziales Leben strukturiert und Leute, die sich gut aufgehoben fühlen und etwas Schönes mit anderen zusammen machen, sich auch gesünder fühlen und weniger anfällig sind für viele Arten von Zivilisationskrankheiten.

Der Musikwissenschaftler Gunter Kreutz[1] fand mit seinem Team an der Universität Frankfurt heraus, dass diese Eindrücke faktisch nachgewiesen werden können. Forschungsergebnisse zeigten auf, dass die Konzentration des Stresshormons Cortisol beim gemeinsamen Singen sinkt und die Zahl der körpereigenen Abwehrstoffe deutlich steigt. Das heißt also, dass Menschen, die regelmäßig singen, deren Immunkompetenz regelrecht trainieren.

Die Fakten gehen noch weiter: Ein Forscherteam unter der Leitung von PhD Nina Kraus der Northwestern University[2] im amerikanischen Bundesstaat Illinois konnte beweisen, dass aktives Musizieren das Sprachverständnis fördert! Die Definition von Sprachverständnis, laut der Deutschen Enzyklopädie, ist: „Sprachverständnis, Synonym für Sprachverstehen, ist die Fähigkeit, Sinn und Bedeutung von Lautäußerungen zu erfassen.“

Kinder, die in ihrer Kindheit im Chor gesungen haben, profitieren auch noch im hohen Alter davon. Erwachsene im Alter zwischen 55 und 76 Jahren wurden getestet. Das Resultat: frühe musikalische Bildung ist eng mit einer schnelleren Reaktion des Gehirns auf sprachliche Reize verbunden – bis ins hohe Alter. Die Studie besagt, dass musikalisches Training zwischen vier und 14 Jahren an einem Instrument oder das Singen im Chor ausreicht, um eine verlangsamte Hirnreaktion im Alter zu minimeren und somit später geistig fitter zu sein.

Auch eine weitere Studie des Soziologen Thomas Blank und des Musikologen Karl Adamek[3] konnte die positive Wirkung von Singen auf Kinder nachweisen. In der Stadt Münster wurden 500 Kindergartenkinder untersucht. Kinder, die viel singen, sind schneller schulreif. Die Forscher konnten besonders positive Effekte für die Sprachentwicklung, das Sozialverhalten und die Aggressionsbewältigung nachweisen.

Singen und Sprachen lernen

Das Singen im Chor fördert also das Sprachverständnis und kann uns helfen, Sprachen leichter zu lernen. Doch warum ist das so?

Aus zahlreichen Publikation im Internet, in Magazinen und Lehrbüchern[4], schlage ich folgende Gründe vor:

  1. Beim Singen beschäftigen Sie sich mit dem Klang und der Einsetzbarkeit Ihrer Stimme. Mit der Stimme können Sie spielen – so wie es Kleinkinder schon im frühen Alter machen: „gr“, „aaah“, „pfff“. Durch Gesangsübungen trainieren Sie die Kontrolle über Ihre Stimme. Diese Sicherheit hilft auch beim Aneignen fremder Klänge und Sprachmelodien.
    Ich selbst bin in einem sehr musikalischen Umfeld aufgewachsen, habe in Chören gesungen und spiele Klavier und Schlagzeug. Das Erlernen der chinesischen Sprache ist mir sehr leicht gefallen, obwohl diese Sprache keinerlei Ähnlichkeiten mit Deutsch, Englisch etc. hat. Viele Mitschüler haben sich besonders mit den „5 Tönen“ der chinesischen Sprache schwer getan. Kurz erklärt: Chinesisch hat wenig Silben, dafür kann fast jede Silbe mit verschiedenen Melodien versehen werden, z.B. hinaufziehen, hinunterziehen oder gleichbleibend. Dadurch gibt man jeder Silbe eine total andere Bedeutung. Ich tat mir damit sehr leicht. Andere sehr schwer. Ich konnte selbst beobachten, dass Mitschüler mit musikalischem Hintergrund schnell lernten, andere langsamer – vor allem beim Sprechen und Verstehen der fremden Sprache. Chinesisch ist ein Extremfall, jedoch hilft diese Melodie- und Sprachrhythmuserkennung auch beim Erlernen anderer Sprachen. Aussprachen merkt man sich leichter; das Zuhören und Nachsprechen von Wörtern und Sätzen gelingt schneller. Lernen Sie nach der Birkenbihl-Methode (Kern ist das Hören und gleichzeitige Lesen einer Wort-für-Wort-Übersetzung, genannt De-Kodierung. Das Sprechen lernen Sie mithilfe des Unterbewusstseins) Fremdsprachen, werden Sie sich um ein Vielfaches leichter tun: Sie verstehen die Sprache schneller, haben eine sehr gute Aussprache und werden die Sprache von Anfang an intuitiv anwenden.
  1. Beim Singen wird die Vorstellungskraft musikalischer Zusammenhänge geübt. Ohne Vorstellung eines Tones kann er nicht produziert werden. Das ist mit diesem Beispiel zu vergleichen: Stellen Sie sich ein das Tier Axalotl vor. Die meisten haben hierzu keine Vorstellung, weil sie es nicht kennen. Nur wenige haben ein konkretes Bild des mexikanischen Schwanzlurchs, der im Wasser lebt, im Kopf.Genauso wie mit Tönen, die man erst kennen muss, um sie sich vorstellen zu können und sie selbst singen zu können, verhält es sich mit Fremdsprachen. Die Vorstellungskraft, wie ein Wort klingen soll, ermöglicht die perfekte Aussprache. Deshalb ist das Aktive Hören der Fremdsprache ein wichtiger Schritt beim Sprachenlernen (Hören der Fremdsprache und gleichzeitiges Mitlesen der Wort-für-Wort-Übersetzung). Leider wird von SchülerInnen noch immer das Pauken von Vokabellisten gefordert. Doch Lernende kennen (bzw. wiedererkennen) viele dieser Wörter beim Pauken nicht, weshalb Wörter mit falscher Aussprache eingelernt oder erst gar nicht gemerkt werden. Das Gehirn muss Wörter im Zusammenhang erlernen; isolierte Wortverbindungen ergeben für das Gehirn keinen Sinn, denn wir Lernen nur im Kontext und merken uns nur Dinge, die wir auch verstehen.„Die neuronalen Verbesserungen, die wir bei musikalisch Trainierten vorfinden, sind nicht einfach nur ein Verstärkungs- oder eine Art Lautstärkeregler-Effekt“, sagt Nina Kraus, Leiterin der Studie an der Northwestern University[5]. „Zu musizieren fordert ihre Fähigkeit, relevante Muster separat zu erkennen, einschließlich des Klangs ihres eigenen Instruments (Stimme), Harmonien und Rhythmen.“ Dieses Feintuning des Nervensystems durch das Musizieren wirkt sich ebenso positiv auf das Spracherkennungsvermögen aus.
  1. Beim Singen im Chor wird das horizontale wie auch vertikale Denken gefördert. Im Gegensatz zu Einzelstimmen (Solisten, Spielen im Orchester), musizieren Chorsingende aus Partituren, wo die Noten aller Stimmen zusammengefasst werden. Dabei lernen sie andere Stimmen nicht nur akustisch, sondern gleichzeitig auch optisch mitzuverfolgen. Neben melodischem (horizontalem) wird auch das harmonische (vertikale) Denken gefördert. Das fördert, ganz allgemein, die Konzentration, „Multi-Tasking-Fähigkeit“ und Teamwork. Außerdem wird genau dieses Denken in der erfolgreichen Birkenbihl-Methode angewandt.

Thinkman Birkenbihl Sprachen lernen im SchlafHorizontal (von links nach rechts) lernen Sie die Grammatik der fremden Sprache, vertikal (von unten nach oben) die Bedeutung der Wörter.

  1. Beim Singen lernen wir Sprachmelodien und Phrasen zu erkennen. Das Luftholen ist bei guten MusikerInnen Teil der Musik. Dadurch setzt man Pausen, wo musikalische Phrasen enden und neue anfangen. Die Atemtechnik ist nicht nur Basis des Musizierens, sondern auch die der Sprachmelodie. In unserer Muttersprache machen wir das intuitiv: Wenn wir eine Geschichte erzählen, atmen wir dort, wo ein Satz endet oder wo Spannung durch Pausen aufgebaut wird. Bei Fremdsprachen müssen wir oft die Sprachmelodie erst erlernen, um wie ein Nativ Speaker zu kennen. Anhand der richtigen Atemführung beim Singen erkennt man auch die Sprachmelodie der Fremdsprache und verbessert so das Sprechen der Fremdsprache.
  1. Über Musik kann man Fremdsprachen lernen. Musik als auch Sprache sind wichtige Kulturträger. Vokalmusik vereint beides. Fremdsprachige Lieder können Ihnen beim Sprachenlernen helfen. Durch Lied-Texte lernen Sie die Bedeutung der Wörter kennen sowie die Wörter korrekt anzuwenden und auszusprechen. Zusätzlich fördert fremdsprachige Musik den Umgang mit anderen Kulturen und schließlich die Kommunikation mit dem Fremden und Unbekannten und trägt zur Völkerverständigung bei. Chormusik wird von der International Federation for Choral Music deshalb auch als „völkerverbindend“ bezeichnet.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass es durchaus Sinn macht, seine Stimme minimal (wenigstens chorisch) auszubilden, um sich beim Aneignen der Muttersprache wie auch andere Sprachen leichter zu tun!

Wer in einem eher unmusikalischen Umfeld aufwuchs, dem lege ich die Birkenbihl-Methode bzw. die MOVIE© Sprachkurse von Brain-Friendly an Herz. Diese Lernmethode setzt auf intuitives Lernen durch das Aktiv Hören (Hören der Fremdsprache und gleichzeitige Lesen einer Wort-für-Wort-Übersetzung) und darauffolgende Passiv Hören (Hören der Fremdsprache, während Sie andere Dinge tun – wie Radiohören im Hintergrund).

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[1] Bastian, Hans Günther & Gunter Kreutz (Hrsg.) (2003) Musik und Humanität. Interdisziplinäre Grundlagen für (musikalische) Erziehung und Bildung. Mainz: Schott-International.

[2] Thomas Blank, Karl Adamek (2010). Singen in der Kindheit. Eine empirische Studie zur Gesundheit und Schulfähigkeit von Kindergartenkindern und das Canto elementar-Konzept zum Praxistransfer.

[3] Kraus, White-Schwoch (2014). Music training: Lifelong investment to protect the brain from aging and hearing loss. Acoustics Australia. Strait, O’Connell, Parbery-Clark, Kraus.

[4] u.a. Frontiers in Neuroscience (2013). Music structure determines heart rate variability of singersundBastian, Hans Günther & Gunter Kreutz (Hrsg.) (2003) Musik und Humanität. Interdisziplinäre Grundlagen für (musikalische) Erziehung und Bildung. Mainz: Schott-International.

[5] Musicians’ enhanced neural differentiation of speech sounds arises early in life: developmental evidence from ages three to thirty. Cerebral Cortex.

Katharina Leitner

Über die Autorin / den Autor

Content Managerin und Bloggerin Katharina Leitner beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der Birkenbihl-Methode sowie den Kreativtechniken und Denktools von Vera F. Birkenbihl.

Seit 2014 arbeitet sie als selbstständige Online & Performance Marketerin: www.rucker-marketing.at

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