18/07/2012

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Sprache als Fenster zu zwischenmenschlichen Beziehungen

Von Katharina

18/07/2012


Beitrag nach Steven Pinker: Zu Youtube

Oft sagen wir nicht das, was wir eigentlich meinen, sondern verhüllen unser Vorhaben hinter Anspielungen. Wir verlassen uns dann darauf, dass unser Gegenüber zwischen den Zeilen liest und versteht, was wir wirklich meinen. Verstecke Anspielungen nennt man in der Psychologie „Akt der indirekten Rede“.

Wir machen das ständig, ohne es zu merken. Zum Beispiel verwendet man diesen Akt der indirekten Rede zur „Umschreibung“ beim Gala Dinner, wenn gesagt wird „Wir zählen darauf, dass Sie bei unserer Kampagne künftig Führung übernehmen“. Was hier zwischen den Zeilen gesagt wird, ist „Geben Sie uns Ihr Geld“.

Weitere bekannte Beispiele sind die Frage: „Kann ich auf einen Kaffee hoch kommen?“ oder auch die Drohung: „Schönes Geschäft haben Sie da. Es wäre doch sehr schade, wenn dem etwas zustoßen würde.“

Warum verstecken wir also, was wir meinen, obwohl beide Parteien wissen, was wirklich gemeint ist?

Um diese Frage beantworten zu können schweifen wir etwas ab und sprechen über den Sinn von Sprache. Die Sprache hat zwei Hauptaufgaben:

  1. Sie muss Inhalt übermitteln, wie zum Beispiel eine Anweisung, Bestechung oder Behauptung.
  2. Sie muss einen Beziehungstyp festlegen.

Nach Anthropologe Alan Fiske gibt es drei zwischenmenschliche Beziehungstypen: Dominanz, Gemeinschaftlichkeit (brüderlich teilen) und Gegenseitigkeit (eine Hand wäscht die andere).

Im besten Fall ist die Art der Beziehung zwischen zwei oder mehreren Personen für alle Beteiligten klar. Jedoch sind sich die beiden Parteien in manchen Fällen nicht sicher, auf welcher Beziehungsebene sie sich begegnen. Eine unterschiedliche Auffassung kann Unbehaglichkeit hervorrufen. Ein populäres Beispiel ist ein Mitarbeiter, der nicht weiß, ob er seinen Chef duzen oder siezen  soll oder nicht sicher ist, ob es  in Ordnung wäre, den Chef nach der Arbeit auf ein Bier einzuladen. Diese Beziehung kann vorwiegend von Dominanz oder aber Freundschaft geprägt sein.

Aus diesem Grund sollten Freunde keine geschäftliche Bindung eingehen, wie beispielsweise ein Auto an einen guten Freund verkaufen. Denn das Verhandeln über den Kaufpreis könnte die Freundschaft belasten. Was in einer gegenseitigen Beziehung angebracht ist, ist in einer gemeinschaftlichen Beziehung meist nicht angemessen.

Dennoch ist die Frage nach wie vor, wieso greifen wir immer wieder auf indirekte Fragen zurück? Die Antwort ist einfach: Weil es für uns meist angenehmer ist. Es ist doch wirklich einfacher, nach einem Kaffee als nach Sex zu fragen.  Und falls die Frage nach einem Kaffee abgelehnt wird, könnte die Fiktion einer freundschaftlichen Beziehung dennoch aufrechterhalten werden, denn A kann nicht sicher sein, ob B weiß, was eigentlich gemeint war und B weiß nicht mit Sicherheit, ob A eine Anspielung gemacht hat, oder wirkliche einen Kaffee wollte etc. Ein gemeinsames Wissen, eine direkte Frage also, könnte die Fiktion einer Freundschaft nicht bewahren.

Wie wir aus diesem Beispiel sehen können, ist der Schlüssel zu diesem Paradox das Konzept des „gemeinsamen Wissens“, das sich vom „individuellen Wissen“ abhebt. Explizite Sprache ist ein exzellenter Weg, um gemeinsames Wissen zu kreieren. Versteckte Anspielungen bieten lediglich individuelles Wissen, wohingegen eine direkte Sprache gemeinsames Wissen liefert, wodurch Beziehungen gepflegt oder auch aufgehoben werden.

Katharina

Über die Autorin / den Autor

Content Managerin und Bloggerin Katharina Rucker beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der Birkenbihl-Methode sowie den Kreativtechniken und Denktools von Vera F. Birkenbihl.

Seit 2014 arbeitet sie als selbstständige Online & Performance Marketerin: www.rucker-marketing.at

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