Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit einer Französisch Lern-CD ins Bett und wachen mit einem ‘comment ça va?’ und ‘omelette du fromage’ auf den Lippen wieder auf.
Funktioniert das?
Traditionell lernen wir z.B. eine Sprache indem wir Informationen regelmäßig wiederholen und üben. Dadurch wird neue Information in unserem Unterbewusstsein gespeichert. Doch nicht alle Informationen, die wir wahrnehmen, können verarbeitet werden. Dies ist so, weil das Bewusstsein nur einen minimalen Teil dessen verarbeiten kann, was das Unterbewusstsein in der selben Zeit leisten kann.[1] Der menschliche Körper ist also dafür gemacht, viel mehr Informationen im Langzeitgedächtnis zu speichern, als wir glauben und uns vorstellen können. Wenn wir „die Bremse Bewusstsein“ umgehen, können wir viel mehr in kürzester Zeit aufnehmen. Diese Technik nennt man Subliminales Lernen (engl. „subliminal learning“).
Subliminal Learning nimmt sozusagen eine Abkürzung. Es lässt die Übungs- und Wiederholungsphasen weg und dringt direkt zum Unterbewusstsein vor. Werden subliminale Nachrichten wiederholt an das Unterbewusstsein gesandt, erreicht man den selben Effekt wie bei traditionellen Methoden (wahrscheinlich sogar bessere!): Man lernt!
Lernen im Schlaf – funktioniert das?
Ein Beispiel von lernen im Schlaf wäre es, in der Nacht während Sie schlafen neue fremdsprachige Wörter zu hören. Wenn Sie am nächsten Morgen die Wörter wiedergeben können wäre das ein Beweis für subliminales Lernen oder sogenanntes „Lernen im Schlaf“. Es gibt allerdings wenig bzw. keine Beweise für solche Lernerfolge.
Was steckt dahinter?
Im Schlaf werden keine neuen (Neuronen-) Verbindungen geschaffen. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, durch schlichtes Anhören fremdsprachiger Wörter, die man nicht kennt und zuvor nicht anderswertig gelernt hat, eine Sprache zu lernen. Aber:
Neuronale Verbindungen können im Schlaf gestärkt werden. Haben Sie zuvor die Bedeutung fremdsprachiger Wörter gelernt, können Sie dieses neue Wissen stärken, indem Sie sich Aufnahmen der Wörter nachts anhören.[2]
Nach Vera F. Birkenbihl wird dabei die Qualität der Aussprache entwickelt bzw. verbessert. Sie lernen also das Sprechen während Sie schlafen.
Die Studie des Biopsychologen Björn Rasch[3] hat herausgefunden, dass das Hören kurz zuvor gelernter Vokabel im Schlaf das Merken und Wiedergeben dieser unterstützt. 60 deutschsprachige Studenten wurden dazu aufgefordert einige niederländische Vokabeln zu lernen, welche sie zuvor aber noch nie gesehen haben. Das Lernen fand vor 22 Uhr statt. Die eine Hälfte der Studenten durfte danach schlafen gehen, wobei ihnen die zuvor gelernten Wörter per Audio vorgespielt wurden. Die andere Hälfte ging nicht zu Bett, hörten jedoch auch den Wörtern der Lernaufgabe zu.
Um 2 Uhr morgens wurden die Schlafenden geweckt und alle 60 Lernenden geprüft. Das Ergebnis brachte einen klaren Sieg dieses Duells: Jene Lernenden, die während dem Schlaf den niederländischen Vokablen „lauschte“ schnitt besser ab, sie konnten mehr der Vokabeln wiedergeben. Die Studie hat den Schlafmangel der Testgruppe miteinbezogen.
Auch weitere Studien, in welcher Testgruppen z.B. schliefen ohne nach dem Lernen der Wörter mit Audioaufnahmen „bespielt“ wurden, brachten das selbe Ergebnis.
Erhalten wir während dem Schlaf Informationen (einen Stimulus), hilft uns das dabei Erinnerungen zu verstärken und Wissen zu festigen.
Die Wissenschaftler implizieren daraus, dass schlaftypische langsame Gehirnwellen als auch Theta-Schwingungen (verantwortlich für das Verarbeiten von Informationen im Wachheitszustand) für das „Lernen im Schlaf“ verantwortlich sind. Die besten Zeiten zum Festigen im Schlaf sind die Vor- und Nach-REM Schlafphasen (REM sind Tiefschlafphasen, in denen Träume häufiger auftreten).
Auch das Wiederholen von zuvor Gelerntem im Wachzustand kann “wie im Schlaf” geschehen. Dazu spielen Sie zum Beispiel eine Audio-Aufnahme eines Textes (den Sie verstehen und deren Wortbedeutungen Sie gelernt haben) so leise im Hintergrund ab, dass Sie den Text kaum noch verstehen. Ihr Gehirn hört jetzt zu – ähnlich wie beim “Lernen im Schlaf”, wenn Sie zuvor Gelerntes abspielen.
Takeo Watanabe und seine Kollegen der Boston University schlagen diese Methode des Wiederholens vor, um die eigene Aussprache einer Fremdsprache zu verbessern und das Verstehen von Muttersprachlern zu trainieren.[4]
Das Lernen von komplexen Daten (z.B. Fremdsprachen, Mathematik) wird immer eine aktive Konzentration auf den Lernprozess benötigen. Subliminales Lernen kann den Lernprozess jedoch wie in diesem Artikel beschrieben unterstützen, das Wiederholen ein Stück weit abnehmen und uns das Lernen dadurch erleichtern.
[1] Dijksterhuis, A., Aarts, H. & Smith, P. K. (2005). The power of the subliminal: On subliminal persuasion and other potential applications. In R. R. Hassin, J. S. Uleman, & J. A. Bargh (eds), The new unconscious (pp. 77-106). Oxford: Oxford University Press, p. 82 (übersetzt von Anna Bemmer).
[2] http://www.thenakedscientists.com/HTML/questions/qotw/question/2575/ und A. Coenen und W. Drinkenburg (2002) Animal models for information processing during sleep. International Journal of Psychophysiology, 46/3: 163-175
[3] B. Rasch und T. Schreiner (2015). Boosting Vocabulary Learning by Verbal Cueing During Sleep. Cereb Cortex, 25/11:4169-79.
[4] T. Watanabe, S. Grossberg, S. Gori, E. Vlahou, Y. Tsushima, A. Protopapas, A. Seitz (2010). Unattended exposure to components of speech sounds yields same benefits as explicit auditory training. Cognition, 115/3:435-443