Das menschliche Gehirn ist das komplexeste Datenverarbeitungssystem auf unserem Planeten. Bereits seit Jahrzehnten versuchen WissenschaftlerInnen das Geheimnis „Gehirn“ zu lüften und herauszufinden, wie es im Detail funktioniert.
Was bedeutet „subliminal“?
Unterschwellige Wahrnehmung bezieht sich generell auf Informationen (Stimuli), die so präsentiert werden, dass sie das Bewusstsein nicht erreichen können, auch wenn die ganze Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird. Ein Beispiel ist es ein Bild gezeigt zu bekommen, jedoch nur so kurz, dass wir nicht wiedergeben können, was auf dem Bild zu sehen ist. Das Groteske ist, dass unser Gehirn das Bild unterbewusst sehr wohl erkennen kann, ohne dass wir dies mitbekommen.
„Subliminal“ ist nicht „unbewusst“
Unbewusste Wahrnehmung hingegen bezieht sich auf Stimuli die so präsentiert werden, dass sie das Bewusstsein erreichen können, jedoch wird ihnen bewusst keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Ein Beispiel ist ein Lied, das in einem Einkaufszentrum im Hintergrund gespielt wird. Meist nehmen wir nicht war, welches Lied es ist, weil wir der Musik zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Wieder auf der Straße, ertappen wir uns aber oft dabei, ein scheinbar willkürliches Lied zu summen. Wo kommt dieser Gedanke an das Lied her? Wir haben die Musik im Einkaufszentrum sehr wohl wahrgenommen (unbewusst) – jedoch eben keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Wie wirken subliminale Nachrichten auf uns?
Der Wissenschaftler James Vicary hat die Bezeichnung Subliminale Nachricht (engl. „Subliminal Message“) 1957 zum ersten Mal verwendet, als er versteckte Nachrichten in einem Film in New Jersey verwendete. Er ließ für 0,0003 Sekunden ein Bild einblenden, welches die Zuschauer aufforderte Coca Cola zu trinken und Popcorn zu essen. Vicary behauptete, dass der Coca Cola und Popcorn-Verkauf danach um 18 bzw. 57 Prozent gestiegen sei. Jahre später stellte sich heraus, dass der Wissenschaftler die Resultate verfälscht hatte[1].
Bild: Quelle Flickr. AK Rockefeller
Ob subliminale Nachrichten einen Effekt auf den Menschen haben wurde von verschiedenen Seiten behauptet aber auch dementiert:
- Eine Studie welche die Nachricht „Call now!“ im Fernsehen (Kansas Television) untersuchte, konnte keinen Effekt auf die Anruferzahl beweisen. Diese und weitere Studien werden hier auf Wikipedia zusammengefasst.
- Eine Studie aus dem Jahr 1992[2] behauptet, dass auch die innere Einstellung gegenüber einer Person unterschwellig beeinflusst werden kann. Im Experiment wurden Bilder von Personen gezeigt die täglichen Dingen nachgehen. Davor wurde jeweils sehr kurz (zu kurz um es bewusst wahrzunehmen) ein entweder positives oder negatives Bild gezeigt. Diese subliminalen Nachrichten haben die Einstellung der Testpersonen gegenüber der abgebildeten Menschen beeinflusst (positive vs. negativ) und es wurden Persönlichkeitsmerkmale dieser Person abgeleitet.
- Schlaghecken und Eimer[3] fanden 2004 heraus, dass die „freie Entscheidung“ zwischen zwei Alternativen durch subliminale Nachrichten beeinflusst werden kann. Die Studie testete das verwenden von visuellen Hinweisen (Pfeilen) auf die jeweilige Alternative bevor die Entscheidung getroffen werden sollte.
1874 wurden subliminale Nachrichten in der Werbung verboten. Es muss einen Grund dafür geben, oder was meinen Sie?
Wer weiß, vielleicht setzt die Werbeindustrie schon Jahrzehnte subliminale Werbenachrichten ein und wir wissen es nicht?
Wie werden subliminale Nachrichten „versteckt“?
Die bekannteste Form von subliminalen Nachrichten ist die Einbindung in Bildern oder Sound/Audio.
Visuelle Stimuli (Wörter, Bilder) werden versteckt, indem Sie sehr kurz gezeigt werden (kürzer als 50 ms)[4]. Audio wird entweder so leise, langsam/schnell oder in einer Frequenz wiedergegeben, welche das Ohr nicht wahrnehmen kann oder etwa rückwärts abgespielt.
Wie funktionieren subliminale Nachrichten in unserem Gehirn?
Der Großteil der Informationsverarbeitung geschieht unbewusst. Nur ein Bruchteil wird bewusst wahrgenommen. Die menschliche Wahrnehmung verarbeitet durchschnittlich 11 Millionen Bit pro Sekunde, wobei das visuelle System den meisten Anteil daran hat. Die Verarbeitungskapazität des Bewusstseins dagegen beträgt nur 50 Bit pro Sekunde,
wobei das der Obergrenze entspricht (die Kapazität ist abhängig von der Aufgabenstellung). Wenn wir still lesen, verarbeiten wir ein Maximum von ungefähr 45 Bit pro Sekunde (das sind ein paar Wörter). Wenn wir laut lesen, fällt die Zahl auf 30. Wenn wir rechnen (z.B.: wenn wir zwei Zahlen multiplizieren), können wir nur 12 Bit pro Sekunde verarbeiten.[5]
Damit Sie sich den Größenunterschied bildlicher vorstellen können, haben wir diese Zahlen auf Meter bzw. Zentimeter umgerechnet. Das Unterbewusstsein ist mit der Höhe des Eifelturms zu vergleichen und das Bewusstsein mit einer Murmel – ein wahnsinniger Unterschied also.
Somit ist die Gesamtkapazität des Unterbewusstseins 200.000 mal höher als die Kapazität des Bewusstseins. Das Bewusstsein kann sich nur mit einem sehr kleinen Teil der einströmenden Informationen auseinander setzten. Den Rest muss das Unterbewusstsein verarbeiten. Das Gehirn kann dabei nicht differenzieren, ob eine Information subliminal oder bewusst wahrgenommen wird. Von diesem Standpunkt aus sollte es also keinen Unterschied machen, wie die Information ins Gehirn gelangt.
Was ist besser: Bewusstes oder unbewusstes Lernen?
Normalerweise lernen wir indem wir Informationen regelmäßig wiederholen und üben. Dadurch wird neue Information in unserem Unterbewusstsein gespeichert. Wir lernen so das Rad fahren, Mathematik, bauen sogar unser Selbstbewusstsein dadurch auf.
Subliminales Lernen nimmt sozusagen eine Abkürzung. Es lässt die Übungs- und Wiederholungsphase weg und dringt direkt zum Unterbewusstsein vor. Werden subliminale Nachrichten wiederholt an das Unterbewusstsein gesandt, erreicht man den selben Effekt: Man lernt.
Mehr zum Thema Subliminales Lernen erfahren Sie in einem unserer nächsten Artikel.
[1] http://science.howstuffworks.com/life/inside-the-mind/human-brain/10-brain-myths4.htm
[2] Jon Krosnick, Andrew Betz, Lee Jussim, Ann Lynn (1992) Subliminal Conditioning of Attitudes. Personality and Social Psychology Bulletin, 18/2, pp. 152-162.
[3] Friederike Schalghecken und Eimer Martin (2004). Masked prime stimuli can bias „free“ choices between response alternatives. Psychonomic Bulleting & Reivew, 11 (3), pp 463-468.
[4] Bruno Breitmeyer und Haluk Ogmen (2007). Scholarpedia, 2/7.
[5] Dijksterhuis, A., Aarts, H. & Smith, P. K. (2005). The power of the subliminal: On subliminal persuasion and other potential applications. In R. R. Hassin, J. S. Uleman, & J. A. Bargh (eds), The new unconscious (pp. 77-106). Oxford: Oxford University Press, p. 82 (übersetzt von Anna Bemmer).