Stellen Sie sich folgendes vor:
Ein Bursche aus den Alpen hat das Skifahren „einfach so“ gelernt. Jahre später, als Erwachsener, kann er gar nicht erklären, was er beim Skifahren eigentlich tut. Wenn man ihn nun zwingt, genau zu registrieren, wann er das Gewicht wohin verlagert, wann er den Oberkörper um wie viel Grad in welche Richtung neigt etc., dann wird er, quasi über Nacht, überhaupt nicht mehr Ski fahren können. Denn man hat ihn gezwungen, sich unbewusste Prozesse bewusst zu machen, und das resultiert zunächst einmal in einer Art Lähmung. Er wird zwar nach einiger Zeit wieder Ski laufen, aber er muss sich eine Zeit lang „bewusst quälen“.
Ähnlich ist es mit dem Lernen
Wir kommen bereits mit der Fähigkeit zu lernen auf die Welt, denn kleine Kinder „saugen alles auf“, ohne dass es ihnen beigebracht wird. Würde wir die Fähigkeit zu sprechen ausschließlich in der Schule lernen, wie sähe unsere Welt aus? Zu einem gewissen Grad kennen wir die Situation z.B. bei Kindern aus extrem lernfeindlichen Milieus, in denen die Eltern nur mit Stummelsätzen kommunizieren. Kinder aus einer derartig sprach- und denkfeindlichen Umgebung können ab besten „gerettet“ werden, indem sie in Krippe und Kindergarten das Sprachenlernen mit der ihnen ANGEBOREREN Fertigkeit erlernen – einfach indem sie von Kindern und BertreuerInnen deren, deren Sprache „kompletter“ ist, UMGEBEN sind. Wenn sprachliche Aktivitäten, z.B. immer wieder dieselben Geschichten erzählen, die selben Lieder singen etc., stattfinden, lernt das Kind INCIDENTAL. Das heißt nebenbei, also ohne dass man bewusst versucht einen Lernprozess herbeizuführen. Es geschieht genauso selbstverständlich, wie die Sonne aufgeht – wenn wir es nicht verhindern.
Viele der Aktivitäten in Schulen gleichen jedoch einem Nebel, der die Sonne weitgehend verdeckt. Das spärliche Restleuchten hinter den dicken Wolkenschichten (z.B. bei Luftverschmutzung) lässt das wirkliche Leuchten genauso wenig ahnen wie der klägliche Rest angeblicher Lernfähigkeit von Kindern, die vom Schulsystem „verseucht“ wurden, weil (oft sogar gut-meinende) Erwachsene die Kinder zwingen, bewusst zu „lernen“, was unbewusst (incidental, nebenbei) viel besser funktionieren würde. Am wichtigsten ist, dass wir Kinder mit dem umgeben, was sie „lernen“ sollen, weil sie es von allein „aufsaugen“ und imitieren.
„In a nutshell“
Erstens läuft gehirn-gerechtes Lernen, das unser Überleben sichert, weitgehend unterbewusst ab. Deshalb geht es auch mit Lustgefühlen einher. Zweitens landen Informationen, die ge-LERN-t wurden, sofort im Wissensnetz. Sie stehen uns damit langfristig zur Verfügung, sofern der Vorgang mit Begreifen, neuen Einsichten, einem AHA-Effekt etc. einhergegangen ist – im Gegensatz zu der Aktivität des Pseudo-Lernens in der Schule.
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